Mobile Home

Julia Roppel

 

mobile home, Venedig/Lido, 2017, 3,27 Minuten

 


 

mobile home ist eine Filmskizze, eine Beobachtung während eines Strandspaziergangs: Ein Einsiedlerkrebs in den seichten Brandungswellen des Lido. Eben war ich noch auf der Biennale mit ihren anspruchsvollen künstlerisch-politischen Beiträgen und während des Strandspaziergangs fällt mir der Einsiedlerkrebs auf. Unermüdlich versucht er sein Zuhause vor dem Verlust bei jeder neuen Bewegung des Wassers zu retten, seine Behausung aus dem seichten Wasser fortzuziehen in die Sicherheit der tieferen Regionen. Eigentlich hat der Film keinen Anfang und kein Ende – es wird immer so weiter gehen.

 

Sein Haus? Ein Schneckenhaus, von einem anderen Meeresbewohner aufgegeben, das er sich aneignet. Aber jetzt ist es sein ein und alles, jetzt gibt er nicht auf. Er wohnt allein, seine Behausung ist gerade so groß, dass er hineinkriechen kann, wenn er sich klein macht.

 

Unwillkürlich werden jede Menge Assoziationen geweckt, an die Bedeutung, die unser Zuhause für uns hat. Die Mühe, die wir aufbringen, um unsere Miete zu zahlen, unsere Wohnungen gegen Kündigungen oder Mieterhöhungen zu verteidigen, ein Eigenheim zu finanzieren und ähnliches.

 

Manchmal wünscht man sich, sein Zuhause huckepack nehmen zu können, um es überall dabei zu haben in fremden Ländern und Städten. Die Camper, Wohnmobilfahrer und Wohnwagenbesitzer lassen es zu jedem Ferienbeginn erahnen. Oder denken wir an Diogenes, den Philosophen, dessen Name sprichwörtlich geworden ist für die Kopplung von materieller Reduktion und immateriellem Reichtum.

 

Wie viele Menschen sind freiwillig und unfreiwillig unterwegs und würden sicher gern ihr Zuhause finden und mitnehmen wie der Einsiedlerkrebs. Immer wieder versucht man sich neu einzurichten, etwas von dem mitzunehmen, wiederherzustellen, was uns Geborgenheit gegeben hat.“

 

Julia Roppel

 


 

Julia Roppel, studierte von 1980-88 an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig. Die Meisterschülerin von Prof. Arwed D. Gorella wurde an der HBK Braunschweig mit dem Preis für Grafik ausgezeichnet, erhielt eine Studienförderung des Landes Niedersachsen und war Stipendiatin der Heussenstamm-Stiftung, Frankfurt am Main.

 

Ihre Arbeiten wurden unter anderem im Atelierhaus 59 Rivoli in Paris, beim 32. Kasseler Dokumentarfilm- und Videofest und in der Ausstellungshalle 1A in Frankfurt am Main ausgestellt. Für die Ausstellung in der Oberfinanzdirektion Frankfurt (mit Ernst Stark) im November 2017 realisierte sie eine Arbeit im öffentlichen Raum, die zum Saisonstart der Frankfurter Galerien im September 2018 fortgesetzt wurde. Mit dem Tagebuch einer Reise von Frankfurt nach Italien („zurück die Seele nicht“, Herausgeberin Dr. Sonja Müller) nahm sie 2018 mit fünf weiteren Frankfurter Künstlerinnen an einem Reise- und Rechercheprojekt teil. 2020 war Roppel an der Konzeption und mit eigenen Arbeiten an „Echos – Artist from Tel Aviv and Frankfurt Cooperate“ im Kunstverein Familie Montez, Frankfurt, im Rahmen der 40jährigen Städte – Partnerschaft von Frankfurt und Tel Aviv beteiligt.

 


 

ATELIERFRANKFURT (AF) ist Hessens größtes Kunstzentrum. Über 220 Künstler*innen und Kreative arbeiten in dem ehemaligen Lagerhaus am Frankfurter Osthafen. Ausstellungen, Konzerte, Performances, Designmärkte, Kunstsalons, Pop-Up-Stores, Barabende & Partys – im AF finden jährlich bis zu 40 Veranstaltungen statt.

 

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